Die aktuellen Auswertungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) verdeutlichen eindrucksvoll, dass Naturgefahren auch in den kommenden Jahren ein enormes Risiko für Versicherer, Hausbesitzer, Unternehmen und die gesamte Gesellschaft darstellen. Mit einem Gesamtschadenvolumen von 5,7 Milliarden Euro im Jahr 2023 bewegen sich die versicherten Schäden auf einem außergewöhnlich hohen Niveau, das dem Vorjahr entspricht und den langjährigen Durchschnitt deutlich übertrifft. Besonders ins Gewicht fallen dabei die massiven Schäden durch Starkregen und Überschwemmungen, die allein 2,6 Milliarden Euro ausmachten – rund eine Milliarde Euro mehr als im üblichen Mittel.
Diese Entwicklung ist Ausdruck tiefgreifender klimatischer Veränderungen. Die Häufigkeit und Intensität extremer Wetterereignisse nimmt zu, wobei klassische Sturmereignisse zwar nicht völlig verschwinden, in ihrer relativen Bedeutung jedoch zurücktreten. An ihre Stelle treten immer häufiger lokal begrenzte, aber umso heftigere Starkregenfälle, die innerhalb kürzester Zeit ganze Straßenzüge unter Wasser setzen, Keller fluten, Infrastruktur lahmlegen und enorme Folgekosten nach sich ziehen. Besonders problematisch ist, dass diese Extremereignisse kaum vorhersehbar sind und in kürzester Zeit auftreten – mit teils katastrophalen Konsequenzen für Betroffene.
Regional zeigen sich deutliche Unterschiede. Im Jahr 2023 waren es vor allem Baden-Württemberg und Bayern, die besonders schwer getroffen wurden. Die Gebiete südlich der Donau entwickeln sich zunehmend zu Hotspots von Naturgefahren, ähnlich wie es bereits beim verheerenden Ahrtal-Hochwasser 2021 sichtbar wurde. Andere Bundesländer, etwa Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt, kamen vergleichsweise glimpflich davon. Doch auch dort besteht keinerlei Garantie für langfristige Sicherheit, da extreme Wetterereignisse prinzipiell überall in Deutschland auftreten können.
Die Struktur der Schäden verdeutlicht das breite Ausmaß der Belastungen. Rund 4,4 Milliarden Euro entfielen auf die Sachversicherung, die nicht nur Wohngebäude und Hausrat, sondern auch gewerbliche Immobilien, Betriebsgebäude und Industrieanlagen umfasst. Damit wird deutlich, dass nicht nur private Haushalte betroffen sind, sondern auch Unternehmen, die mit Produktionsausfällen, beschädigten Maschinen oder zerstörten Lagerbeständen kämpfen müssen. Weitere 1,3 Milliarden Euro gingen auf das Konto von Kfz-Schäden – beispielsweise durch überflutete Fahrzeuge oder Schäden infolge von umgestürzten Bäumen und herabfallenden Trümmern nach Starkregen und Sturm.
Nach Einschätzung von GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen nimmt nicht nur die Gesamthöhe der Schäden kontinuierlich zu, sondern auch ihre Häufigkeit. Für die Versicherungswirtschaft bedeutet dies eine stetig wachsende Herausforderung, da steigende Schadenssummen das gesamte System belasten. Gleichzeitig steht auch die Politik in der Verantwortung, denn ohne gezielte Präventionsmaßnahmen, klimasensible Stadt- und Raumplanung sowie einen möglichst umfassenden Versicherungsschutz wird das Risiko für Betroffene weiter steigen.
Immer mehr rückt daher die Elementarschadenversicherung in den Mittelpunkt der Debatte. Sie deckt Schäden durch Naturereignisse wie Starkregen, Überschwemmungen oder Erdrutsche ab und könnte für Millionen von Hausbesitzern eine entscheidende Absicherung darstellen. Bislang ist sie jedoch nur auf freiwilliger Basis erhältlich – mit der Folge, dass ein erheblicher Teil der Gebäude in Deutschland weiterhin unversichert ist. Angesichts der steigenden Schadenssummen wird in der Politik erneut die Einführung einer Pflichtversicherung diskutiert. Während Befürworter darin einen notwendigen Schutz vor existenzbedrohenden Risiken sehen, warnen Kritiker vor steigenden Kosten und einer möglichen Überforderung mancher Haushalte.
Unabhängig von dieser Diskussion zeigt sich jedoch: Naturgefahren stellen längst keine Ausnahmeereignisse mehr dar, sondern entwickeln sich zu einer dauerhaften Belastung. Prävention, Aufklärung und eine breitere Absicherung werden daher zu zentralen Bausteinen im Umgang mit den wachsenden Risiken einer sich verändernden Klimarealität.